Da das Kinderheim quasi unter der Armutsgrenze leben muss, kann es sich kein Essen leisten. Daher greifen wir in großer Demut und Dankbarkeit auf warmherzige Spenden zurück. Da die Spender selbst arme Bauern sind, erhalten wir die Nahrung des verlorenen Sohns. Quasi das, was die Bauern nicht mehr essen. Gestern Abend durften wir Empfänger dieser wohltätigen Geste werden: kistenweise verfaultes Obst und Gemüse. Zitat des demütigen Küchenchefs Tobi höchstpersönlich: „Normalerweise schneidet man aus einem angefaulten Apfel die schlechte Stelle heraus. In Mexiko schneidet man die gute Stelle aus der fauligen Papaya hinaus.“ rofl
Zu jedem Essen gibt es ein wertvolles, frisches Obstgetränk. Damit ihr euch selbst ein Bild von der Situation machen könnt, haben wir euch eine kleine Anleitung geschrieben:
Man nehme eine ungewaschene Melone, die mit einer Unzahl an Bakterien bedeckt ist, dank unseren treuen Fliegen. Von diesen befinden sich mehr in der Küche, als ich in meinem ganzen Leben totgeschlagen habe. Die Melone wird mit einem stumpfen Buschmesser großzügig geschält und die Kerne werden achtlos in eine Schale geworfen. Zwischenzeitlich wird die Schale freundlicherweise von den Fliegen in Beschlag genommen. Man mixe die Melonenstücke mit einem verklebten Mixer, Baujahr 1980 (in den USA weggeschmissen, in Mexiko weiterverwendet – hoch lebe das Recycling!). Nach Beigabe von abgestandenem, „bakterienfreien“ Wasser (das Wasser aus der Leitung ist tabu) und 500 g Zucker, gebe man die Flüssigkeit in einen großen Topf, der zuvor das traute Heim von einer Grillenfamilie war. Man nehme jetzt NICHT die nächste Melone, sondern erbarme sich der Melonenschalen. Wir gedenken unserer Armut: Kein Stückchen Nahrung darf verschwendet werden. Flugs die Schalen klein geschnitten, in einem großen Bogen in den ungewaschenen Mixer gehauen und schnell eingeschaltet. Moment mal – da saß doch eine Fliege drin?! Dank Kohletabletten schadet uns auch dieser Vorfall nicht. Freundlicherweise und der Kinder zuliebe werden die Schalenreste durch ein Sieb gedrückt, bei uns gibt’s nur das Beste! Aller guten Dinge sind drei: Auch die Kerne enthalten wichtige Balaststoffe und Spurenelemente: ab in den Mixer. Fast ist der Zaubertrank fertig. Mit einigen Schweißperlen wird das natürliche Aroma abgerundet. Zur „Kühlung“ verwende man erheiternden Melonentrunk von letzter Woche, frisch aus dem Kühlschrank mit einer Temperatur von 15,5°C. Guten Appetit! Die Meinung der Küchinchefin: Muy bien.
Zu diesem schmackhaften Obstgetränk serviere man Hamburger mit saftig gebratenen, vegetarischen Burgern. Man achte darauf, dass der Bratling vorher mit feinen, fädrigen weißlich-grünen Flechten bedeckt ist. Auch die Brötchen müssen gelb-schwarze Flecken vorweisen. Riechen tun sie selbstvständlich noch gut. Die Tomaten sind in bestem Zustand, wenn sie wie ein Schweizer Käse die Wohnung von Würmern erkennen lassen. Glücklicherweise tötet die Hitze fast alle Bakterien und Schimmelpilze ab, daher kann man ganz beruhigt sein. Obwohl – Habe ich auch wirklich jeden Burger von beiden Seiten gebraten? Buen Provecho!
Zur Abrundung ein Zitat von unserer mexikanischen Köchin (als sie rohe Kartoffeln mit den Fingern bearbeitet): „Ich habe mir erst die Hände gewaschen. Gestern.“ Scherz. 😉
Zusammenfassung: Uns geht’s gut und wir genießen das Leben. Hoch lebe Mexiko! Da wird man schon vom Zuschauen satt und kann sich später das Essen noch mal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen.
Ghostwriter la prima Sarah (saludos de tobi)